Seitenschneider als gefährliches Werkzeug?

Nicht jedes Werkzeug ist auch ein »gefährliches Werkzeug«

Im Rahmen von Diebstahlsdelikten steht der Rechtsanwalt häufig vor der Herausforderung, seinen Mandanten gegen einen „Diebstahl mit Waffen“ verteidigen zu müssen. Ein solcher kann vorliegen, wenn der Mandant eine Waffe oder ein gefährliches Werkzeug bei sich führt. Das kann der Fall sein bei einer Pistole, einem Messer, einer Schere, einem Teppichmesser („Cutter“) oder vielen anderen Gegenständen mehr.

Häufig wird in solchen Fällen diskutiert, ob der jeweilige Gegenstand ein gefährliches Werkzeug darstellt oder nicht (Diebstahl: Geldstrafe oder bis zu 5 Jahre Gefängnis, Diebstahl mit Waffen: 6 Monate bis 10 Jahre Gefängnis).

Das OLG Nürnberg hat Ende 2018 entschieden, dass ein Seitenschneider mit einer Gesamtlänge von 11,5 cm kein gefährliches Werkzeug ist (OLG Nürnberg, 15.10.2018, 1 OLG 8 Ss 183/18).

Das Urteil, welches auch im Bereich Würzburg von Bedeutung sein wird, lässt erkennen, dass die Richter sich mit den Eigenheiten des Seitenschneiders befasst haben. So wurde genau untersucht, wie lang der Griff war, wie lang die Klingen waren und wie hoch die maximale Spannweite war.

Abgestellt wurde dann darauf, dass der Seitenschneider aufgrund seiner Größe in einer Männerhand nahezu vollständig verschwinde und als Stichwerkzeug nicht ernsthaft verwendbar sei. Es ließen sich zwar mit den Klingen Schnittverletzungen zufügen, jedoch handele es sich insgesamt eher um ein „zierliches Werkzeug“.

Ein gefährliches Werkzeug liegt jedoch nur dann vor, wenn der Gegenstand generell geeignet sei, erhebliche Verletzungen des Opfers herbeizuführen, wobei es wiederum nicht auf die konkrete Verwendungsabsicht des Täters ankäme.

Das Gericht führt weiterhin aus, warum Taschenmesser oder Schraubenzieher gefährlicher sein können: Diese verfügen teilweise über eine über die Schneidkante von lediglich 14 mm weit hinausgehende Stichlänge und lägen besser in der Hand, so dass der Täter mit ihnen gezielt und mit Wucht auf sein Opfer einstechen könne.

Unabhängig von der tatsächlichen Verwendungsabsicht sei daher ein Seitenschneider zum Zufügen von Verletzungen bereits generell nicht geeignet, erhebliche Verletzungen herbeizuführen.