Tritt gegen Knie gleicht gefährlicher Körperverletzung?

Viele Beschuldigte lassen sich durch den Begriff der „gefährlichen Körperverletzung“ stark verunsichern, weil es durch den Zusatz „gefährliche“ auf sie den Eindruck macht, als ob ihnen eine Straftat aus dem Bereich der Schwerkriminalität vorgeworfen wird.

Dabei sind – zumindest unserer Erfahrung nach – gefährliche Körperverletzung viel häufiger als sogenannte einfache Körperverletzungen.

Eine Körperverletzung ist dann eine „gefährliche Körperverletzung“, wenn zum Beispiel mehrere Beschuldigte gemeinsam gegen einen Geschädigten vorgehen („zwei gegen einen“) oder der Beschuldigte mit einem gefährlichen Werkzeug gegen den Geschädigten vorgeht. Hier stellt sich dann die Frage, ob der Beschuldigte ein „gefährliches Werkzeug“ verwendet hat.

Die meisten Schlägereien in Würzburger Diskotheken sind gefährliche Körperverletzungen, da in aller Regel einer der genannten Fälle vorliegt. Es reicht für eine gefährliche Körperverletzung aus, wenn in einem Würzburger Club zwei Täter gegen einen Geschädigten vorgehen, indem der eine Täter den Geschädigten festhält und der andere ihm eine Ohrfeige versetzt. Auch reicht es für eine gefährliche Körperverletzung aus, wenn ein Beschuldigter dem Geschädigten eine leere Bierflasche über den Kopf schlägt.

Immer wieder diskutiert werden die Fälle, in denen der Beschuldigte mit dem Fuß gegen den Kopf des Geschädigten tritt. Hier wird von sehr vielen Gerichten eine gefährliche Körperverletzung angenommen, weil gegen ein besonders empfindliches Körperteil getreten wird.

Anders gesagt: Wenn der Beschuldigte den Geschädigten mit einem Stahlkappenschuh tritt, liegt in der Regel eine gefährliche Körperverletzung vor, weil der Stahlkappenschuh bereits als gefährliches Werkzeug anzusehen ist („Wenn der Gegenstand nach seiner objektiven Beschaffenheit und nach seiner Art der Benutzung im Einzelfall geeignet ist, erhebliche Verletzungen herbeizuführen“).

Auch ein Tritt mit einem einfachen Turnschuh, Chucks o. ä. kann eine gefährliche Körperverletzung sein, obwohl der Schuh dann nicht als gefährliches Werkzeug anzusehen ist. Hier rührt die Gefährlichkeit daher, dass ein besonders Körperteil getroffen wird. Dies sind typischerweise Gesicht, Kopf, Genitalien, Bauch.

In einer interessanten Entscheidung hat das OLG Oldenburg (18.01.2019, 1 Ss 217/18) entschieden, dass eine gefährliche Körperverletzung auch dann vorliegt, wenn der Täter mit normalen Turnschuhen mit großer Wucht gegen die Knie des Geschädigten tritt.    

Begründung: Der Angeklagte habe bewusst gegen ein sehr anfälliges Körperteil getreten und so die Gefahr einer folgenschweren Verletzung des Opfers herbeigeführt.

Das Gericht führt weiterhin aus, dass das Kniegelenk ein empfindliches und hochkomplexes Gelenk sei, bei dem gezielte Tritte erhebliche Verletzungen bewirken können, die zu bleibenden Einschränkungen oder Beschädigungen führen können.

Fazit

Wie immer ist es eine Frage des Einzelfalls. Nicht nur der Tritt mit Doc Martens ist eine gefährliche Körperverletzung, sondern auch der Tritt gegen empfindliche Körperteile. Empfindliche Körperteile sind nicht nur der Kopf oder die Genitalien, sondern möglicherweise auch das Knie.