Im Jungedstrafrecht gibt es ein paar Unterschiede zum „normalen“ Strafrecht
Voraussetzungen der Anwendbarkeit des Jugendgerichtsgesetzes (JGG) sind:
- Der Beschuldigte ist zum Zeitpunkt der Tat 14 bis 17 Jahre alt (Jugendlicher) oder
- der Beschuldigte ist zum Zeitpunkt der Tat 18 bis 20 Jahre alt (Heranwachsender) und wegen seiner Entwicklung einem Jugendlichen gleichzustellen.
Das JGG bietet für den Beschuldigten verschiedene Vorteile:
Im Jugendstrafrecht geht es nicht um die Bestrafung des Beschuldigten, sondern um erzieherische Aspekte. Ziel eines entsprechenden Gerichtsverfahrens ist daher nicht in erster Linie, gegen den Beschuldigten eine Strafe zu verhängen, sondern ihn „nachzuerziehen“. Daher sind nach dem JGG verschiedene Maßnahmen denkbar (insbesondere Sozialstunden).
Wenn der Jugendliche bzw. Heranwachsende eine Sanktion nach dem JGG erhält, fällt diese in aller Regel deutlich geringer aus, als nach dem „normalen“ Strafrecht.
So kommt in der Regel nur bei schweren Straftaten eine Jugendstrafe in Betracht, die auch „Knast“ bedeuten kann. Allerdings sind die Maßstäbe hier ganz andere. Falls eine Jugendstrafe verhängt wird, wird der Beschuldigte eine ganz andere Strafe erhalten, als dies bei einem Erwachsenen der Fall wäre. Bereits für die Höchststrafen gelten andere Grundsätze als im Erwachsenenstrafrecht. Wenn also ein Erwachsener für eine Straftat 3 Jahre bekäme, wird der Jugendliche / Heranwachsende nicht viel mehr als 2 Jahre bekommen.
Im Rahmen des Mandatsverhältnisses sind für den Rechtsanwalt insbesondere folgende Fragen für die Verteidigung wichtig:
Falls der Mandant bereits 18, aber noch nicht 21 ist, wird nicht automatisch Jugendstrafrecht angewendet. Hier wird die Frage zu stellen sein, wie weit der Beschuldigte entwickelt ist, d. h. ob er von seiner Reife her einen Jugendlichen oder einem Erwachsenen gleichgestellt werden kann. Nur wenn er eher mit einem Jugendlichen vergleichbar ist, kann Jugendstrafrecht angewendet werden.
In diesem Zusammenhang ist auf das Gespräch mit der Jugendgerichtshilfe hinzuweisen. In der Regel bekommen die Beschuldigten Post vom Jugendamt, dort der Jugendgerichtshilfe: Diese wollen ein Gespräch mit dem Beschuldigten führen, um gegenüber dem Gericht eine Stellungnahme zur Reife und zum Entwicklungsstand des Beschuldigten abgeben zu können.
Das Gespräch mit der Jugendgerichtshilfe ist daher von erheblicher Bedeutung.
In aller Regel geben die Jugendämter auch eine Empfehlung ab, welche Strafe gegen den Beschuldigten verhängt werden sollte. Sehr häufig halten die Gerichte sich daran.
Falls keine Post von der Jugendgerichtshilfe/Jugendamt kommt, ist Folgendes zu beachten:
Manche Richter in Würzburg erwarten, dass der Beschuldigte sich von sich aus mit dem Jugendamt in Verbindung setzt. Das kann er natürlich nur wissen, wenn er sich von einem Rechtsanwalt beraten lässt, da ihm die Jugendgerichtshilfe sonst gar nicht bekannt sein wird.
Nach unserer Meinung ist diese Forderung der Gerichte völlig überzogen, da vom Beschuldigten nicht erwartet werden kann, dass er sich um Termine mit einer Behörde bemüht, die ihm gar nicht bekannt ist. Da das Gespräch mit dem Jugendamt von enormer Bedeutung ist, sollte es hier gleichwohl nicht zu Versäumnissen kommen. Ihr Rechtsanwalt für Strafrecht wird Sie zu diesem Punkt beraten.
Ein weiterer wichtiger Punkt in der Strafverteidigung ist die Frage nach dem Risiko einer Jugendstrafe (= Gefängnis). Das ist im Jugendstrafrecht relativ selten, kann jedoch im Einzelfall durchaus in Betracht kommen.
Eine Jugendstrafe kann nur dann verhängt werden, wenn mildere Sanktionen nicht in Betracht kommen und entweder schädliche Neigungen vorliegen oder eine besondere Schwere der Schuld vorliegt. Diese Punkte waren in Würzburg beispielsweise Thema im Prozess gegen den Heranwachsenden, der Theresa S. nach dem Weinfest in Untereisenheim überfahren hatte.
Hier sollte der Rechtsanwalt also vorher mit seinem Mandanten besprechen, inwieweit das Gericht „schädliche Neigungen“ bejahen könnte. Dies muss unbedingt vermieden werden. „Schädliche Neigungen“ liegen dann vor, wenn aufgrund der Anlage des Jugendlichen oder seiner mangelnden Erziehung die Gefahr besteht, dass er ohne weitere Gesamterziehung weitere Straftaten begehen wird. Das ist natürlich eine sehr schwammige Formulierung, so dass hier zwingend Beratungsbedarf besteht.
Eine Schwere der Schuld liegt vor, wenn entweder ein Verbrechen (Mindeststrafe 1 Jahr) oder ein besonders schweres Vergehen vorliegt und dem Beschuldigten ein besonders schwerer Vorwurf hinsichtlich der Tatbegehung zu machen ist (Alter, Reife, Charakter des Beschuldigten?). Hier sind die Tatmotive und Tatfolgen zu berücksichtigen, auch jedoch die aus dem „normalen“ Strafrecht bekannten Schuldminderungsgründe.
Insbesondere im Jugendstrafrecht besteht die Möglichkeit, im Ermittlungsverfahren und bis zum Verhandlungstermin Voraussetzungen für einen günstigen Verlauf des Prozesses zu schaffen. Bei kompetenter anwaltlicher Beratung kann eine Gefängnisstrafe oder sonstige negative Folgen vermieden werden. In jedem Fall sollte aufgrund der erheblichen Einwirkungsmöglichkeiten in diesem Bereich des Strafrechts immer ein Anwalt hinzugezogen werden, um auf das Verfahren positiv Einfluss nehmen zu können. Auch eine Pflichtverteidigung ist im Jugendstrafverfahren oft leichter möglich als im normalen Strafrecht.
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