Beilackierungskosten bei fiktiver Schadensabrechnung BGH stärkt Unfallbeschädigte
Ein ewiger Streitpunkt zwischen Rechtsanwälten und Haftpflichtversicherern sind im Rahmen der Unfallregulierung die sogenannten Beilackierungskosten. Gebetsmühlenartig wird von der Versicherungsindustrie vorgetragen, dass sich erst nach oder bei der Reparatur feststellen lasse, inwieweit Beilackierungsarbeiten erforderlich seien. Bei einer fiktiven Abrechnung auf Grundlage eines Gutachtens sei die Beilackierung daher nicht erstattungsfähig.
Der Bundesgerichtshof korrigierte in einer Entscheidung vom 17.09.2019 (BGH VI ZR 396/18) das LG Aachen, welches mit seinem Urteil bei Rechtsanwälten für breites Kopfschütteln gesorgt hatte.
Das Landgericht Aachen hatte gemeint, ein Ersatz der Beilackierungskosten könne bei fiktiver Abrechnung ohnehin nicht bestehen. Dies wurde begründet damit, dass die Erforderlichkeit der Beilackierung sich ja erst nach der durchgeführten Reparatur zeige. Der verkehrsrechtliche Meinungsstreit entbrannte also an den §§ 286 und 287 ZPO. (Strengbeweis, Freibeweis).
Bisher war teilweise die Meinung vertreten worden, die Beilackierung diene lediglich der Farbangleichung und damit rein optischen Zwecken. Es könne daher notwendigerweise erst bei tatsächlicher Durchführung der Reparatur – also nicht bei fiktiver Abrechnung – festgestellt werden, ob die Beilackierung erforderlich sei.
Der Bundesgerichtshof stellt in seinem Urteil vom September 2019 allerdings fest, dass weder im Rahmen des § 286 ZPO, noch im Rahmen des § 287 ZPO eine absolute Gewissheit erforderlich sei. Es liege in der Natur der Sache, dass bei der fiktiven Abrechnung stets eine gewisse Unsicherheit verbleibe, ob der objektiv zur Herstellung erforderliche Betrag demjenigen entspricht, der bei einer tatsächlichen Durchführung der Reparatur angefallen wäre oder anfallen würde.
Anders gesagt: Ein Gutachter berechnet nur den Schaden, der wahrscheinlich entstehen wird. Beauftragt der Geschädigte drei verschiedene Gutachter wird er drei verschiedene Schadensberechnungen bekommen. Keine von diesen ist jedoch falsch. Der Richter muss lediglich entscheiden, ob der Schaden überwiegend wahrscheinlich ist.
Der BGH geht sogar noch einen Schritt weiter und führt aus, dass es Sinn und Zweck der Regelung des § 287 ZPO zuwiderlaufen würde, wenn die Vorschrift dazu dienen könnte, dem Geschädigten einen Nachweis seines Schadens von vornherein abzuschneiden, der ihm jedoch nach den allgemeinen Regeln im Verkehrsrecht offensteht. § 287 ZPO solle ja gerade dem Geschädigten den Nachweis seines Schadens erleichtern, indem Schätzungen möglich sind.