Berufung der Staatsanwaltschaft

Im Strafrecht kommt es sehr häufig zu unschönen Situationen, wenn der Vertreter der Staatsanwaltschaft dem Angeklagten dazu rät, seine Berufung besser zurückzunehmen.

Begründet wird dies damit, dass ja im Falle der Durchführung der Berufungsverhandlung die Strafe noch höher ausfallen könnte. Der jeweilige Staatsanwalt tritt dann häufig als „fürsorglicher“ Staatsanwalt auf, der es ja mit dem Angeklagten angeblich nur gut meint.

Richtig daran ist, dass eine Berufungsverhandlung natürlich auch zu einem schlechteren Ergebnis führen kann – falls der Staatsanwalt auch Berufung eingelegt hat. Häufig wird es allerdings von der Staatsanwaltschaft so dargestellt, dass ein schlechteres Ergebnis viel wahrscheinlicher sei als ein besseres Ergebnis.

Hier gibt es für den Angeklagten nur eine Regel: Hören Sie auf Ihren Rechtsanwalt für Strafrecht. Den bezahlen Sie und der hat tatsächlich Ihren Vorteil im Blick. Die Staatsanwaltschaft möchte hingegen oft nur das Verfahren schnell abschließen und den eigenen Schreibtisch frei bekommen. Jede Berufungsrücknahme bedeutet eine erhebliche Zeitersparnis für die Staatsanwaltschaft.

Ein Beispiel aus der Praxis

In einem strafrechtlichen Verfahren vor dem Landgericht Landshut trat der Oberstaatsanwalt vor Beginn des ersten Verhandlungstages dem Angeklagten und der Verteidigung gegenüber und regte an, die Berufung zurückzunehmen. Das wäre mit Abstand das beste Ergebnis, da ja sonst alles sicher noch viel schlechter ausgehen würde.

Das Verfahren (J Ns 400 Js 38943/20 jug) lief über vier Verhandlungstage. Am Ende hatte die Verteidigung mit ihrer Strategie vollen Erfolg und das Urteil abgeändert – zugunsten des Angeklagten. Der wurde nach der Verhandlung aus der U-Haft entlassen.

Die Berufung der Staatsanwaltschaft wurde vollumfänglich verworfen.

Mit anderen Worten: Die Warnungen des Oberstaatsanwalts erwiesen sich als komplett unzutreffend.

Natürlich sollte man nicht davon ausgehen, dass jede Berufung zum Erfolg führt. Es ist jedoch immer sinnvoll, auf die Empfehlungen des eigenen Rechtsanwalts zu hören, als auf die angeblich gut gemeinten Ratschläge der Staatsanwaltschaft.