Pflichtverteidiger kümmert sich nicht

Pflichtverteidigern wird oft vorgeworfen, dass sie sich nicht ausreichend um die Sache kümmern. Bei manchem Rechtsanwalt trifft das sicherlich zu, nicht jedoch bei jedem. Es gibt Kollegen, die Pflichtverteidigungen sehr nachlässig behandeln, es gibt jedoch auch Kollegen, die solche Verfahren genauso ernst nehmen wie Wahlverteidigungen.

Einige Pflichtverteidiger besuchen die Mandanten nicht oft genug im Gefängnis.

Ständige Besuche sind sicherlich kein Allheilmittel und fördern nicht unbedingt die Sache, jedoch muss der Rechtsanwalt für Strafrecht ein Vertrauensverhältnis zum Mandanten aufbauen, da dieser sich sonst verständlicherweise vernachlässigt fühlt.

Ganz wichtig ist dabei, dass der Rechtsanwalt den Mandanten nach Beginn des Mandats kurzfristig besucht. Schließlich muss der Beschuldigte wissen, wer überhaupt sein Verteidiger ist.

Es gibt mehrere Gerichtsentscheidungen dazu, wie schnell bzw. wie oft der Pflichtverteidiger seinen Mandanten in der JVA besuchen muss.  Aktuell hat das Amtsgericht Frankfurt entschieden, dass ein erster Besuch nach mehr als sieben Wochen zu spät ist. In einem solchen Fall kann der Beschuldigte verlangen, dass ihm ein anderer Pflichtverteidiger bestellt wird (Amtsgericht Frankfurt a. Main, 13.03.2019, 931 Gs 7681 Js 240147/17).

Der Beschuldigte hatte in diesem Fall ausgeführt, dass er mit seiner Anwältin nicht telefonieren könne und sie ihn nur ein einziges Mal besucht habe, nämlich bei der Vernehmung. Da habe sie ihm nur gesagt, dass er keine Aussage machen solle. Über die Verteidigungsstrategie sei in den kommenden Wochen nicht weitergeredet worden.

Das Amtsgericht führt aus, dass Anzahl und Umfang der Besprechungstermine dem Verteidiger vorbehalten sind, jedoch müsse der Zweck der Pflichtverteidigung gewährleistet werden. Das sei insbesondere die Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Verfahrensablaufs. Dazu gehöre nicht die ständige Erreichbarkeit, jedoch eine baldige Kontaktaufnahme, um für den Beschuldigten eine optimale Vorbereitung auf das Strafverfahren zu gewährleisten.

Wenn jedoch der erste Besuch erst nach sieben Wochen und dann auch noch im Beisein des Staatsanwaltes erfolge, rechtfertige dies das fehlende Vertrauen des Beschuldigten in die Pflichtverteidigerin.

Fazit: Der Strafverteidiger ist rechtlich selbstständig. Er nicht Vertreter des Beschuldigten und muss sich daher von diesem nicht seine Arbeitsweise konkret vorschreiben lassen.

Allerdings muss die Verteidigung sachgerecht sein. Unterschiedliche Meinungen über die Verteidigungsstrategie können einen Vertrauensbruch nicht rechtfertigen. Wenn der Rechtsanwalt sich jedoch schlichtweg nicht um seinen Mandanten kümmert, kann von einer Störung des Vertrauensverhältnisses durchaus gesprochen werden.